Memento mori – also gedenke des Todes. Aber daran gibt es nichts Trauriges. Es ist vielmehr ein Aufruf zur Aufmerksamkeit. Mensch, denk daran, dass du sterblich bist, also lebe bewusst und schätze jeden Augenblick! Genieße das Leben, solange du kannst, denn es ist nicht ewig! Dieses lateinische Originalwort erscheint auch im Namen des Memento-Parks. Erinnere dich, vergiss nicht! Auch hier dient es als Aufruf zur Aufmerksamkeit. Die kommunistischen Diktaturen sind untergegangen, aber sie haben im Leben der damals lebenden Menschen bleibende Schäden verursacht. Ist es gut, dass wir diese dunkle Zeit der Menschheit nicht vergessen, sondern uns bewusst daran erinnern? Vergessen oder erinnern?
Die Frage ging nach der Wende jedem Budapester durch den Kopf. Es gab Leute, die der Meinung waren, dass man sich so schnell wie möglich von allem trennen sollte, was einen an die kommunistische Zeit verbindet. Ich verstehe ihren Standpunkt, auch wenn ich in der Meinung bin, dass wir diese Gegenstände, Statuen, Denkmäler und Gedenktafeln nicht zerstören sollten. Diese Zeit ist vorbei und man kann sie nicht aus dem Lauf der Geschichte herausschneiden. Wir müssen sie analysieren und uns daran erinnern, denn nur so können wir verhindern, dass so etwas noch einmal passiert. Deshalb halte ich die damalige Entscheidung der Stadtverwaltung – die Etablierung eines Parks – für eine sehr gute Entscheidung.
Ich kannte diesen Ort nicht, aber das Konzept hat mein Interesse geweckt. Es ging nicht darum, Personen vorzustellen, sondern nur die kommunistische Ära zu zeigen. Eine Atmosphäre zu schaffen, die den Menschen in diese Zeit zurückbringt. Schon die Musik und die Propagandaplakate am Eingang dienten diesem Zweck. Zum Skulpturenpark führt ein schmaler Gang zwischen zwei Backsteinmauern. Hier fühlt man sich klein, eingeschlossen und kontrolliert. Aber es stellt sich heraus, dass diese Fassade gar nicht so stabil und stark ist. Sie ist nur eine Illusion, die Mauer werden von Hinten von hinten durch Stützen gehalten. Eine vielsagende Symbolik. die Essenz dieser Zeit gegriffen hat.
Der Skulpturenpark wurde so angelegt, dass die Skulpturen nicht linear hintereinanderstehen, sondern eine liegende 8 bilden, so dass der Park insgesamt aus drei ,,Unendlichkeitssymbolen“ besteht. Als religiöser Mensch assoziiere ich die Zahl 3 immer mit etwas Biblischem. Die Skulpturen stellen zwar die ungarisch-sowjetische Freundschaft dar, dann Figuren, die als Helden gefeiert und auf eine transzendente Ebene erhoben wurden. Mir gefiel die Ironie, wie Religion und Kommunismus in meinem Kopf miteinander verbunden waren, denn der Kommunismus betrachtete die Religion nur – um Karl Marx zu zitieren als ,, Opium des Volkes“- als menschliche Schwäche und unterstützte sie nicht, sondern versuchte, sie durch weltliche Dinge zu ersetzen und den Menschen fast göttliche Eigenschaften zu geben.
Ich möchte nicht jede einzelne Skulptur durchgehen, sondern lieber meine eigenen Eindrücke beschreiben. Insgesamt hatte ich das Gefühl, dass diese Kunstwerke die grundlegenden Eigenschaften der kommunistischen Diktatur verkörpern. Alle wirkten auf mich als unzerstörbar, stark, ewig und kompakt. Aufgrund ihrer Größe erschienen wir auch, die Menschen des 21. Jahrhunderts, neben den Statuen sehr klein und unbedeutend. Aber irgendwie wirkte das Ganze aufgrund seiner Maß wie ein großer, aufgeblasener Ballon. Es ist kein Zufall, dass „das System losgeplatzt ist”. Nur Äußerlichkeiten, Scheinheiligkeit und Angstmacherei bringen den Menschen nicht voran. Der Mensch hat eine Seele, die aus diesen Statuen fehlte.
Wenn man die drei Unendlichkeitssymbole durchläuft, gewöhnt man sich an das System. Man hat das Gefühl, dass es – wie die riesige Parkanlage selbst – wirklich ewig dauert. Aber dann kommt eine Wand und die Erkenntnis: Es war Es war eine Sackgasse. Nur wenn man zurückblickt, werden die legendären Stiefel der ehemaligen Stalin- Statue sichtbar (besser gesagt: Sie sind die treuen Kopien des Originals.) Die Stiefel, die das Leben von Menschenmassen zertreten haben und damit als Symbol für das gesamte System stehen. Insgesamt habe ich sehr viel gelernt. Ich verstehe, warum sich die Menschen damals unterdrückt fühlten. Ich fühlte mich schon alleine zwischen den Statuen spazierend genauso, obwohl sie nur seelenlose, leblose Objekte sind. Wie muss es damals gewesen sein, als das System nicht aus Statuen, sondern aus Menschen aus Fleisch und Blut bestand? Das können Schulbücher nicht unbedingt so vermitteln wie ein historischer Spaziergang vor den Statuen, die in dieser Epoche entstanden sind.
Vielen Dank für dieses Erlebnis!
Míra DAMJANOVICS
© Éva Kákonyi
